Nicht die mit der Brille!

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Unfreiwillig wurde ich Zeugin einer Debatte zwischen Vater und Tochter mit dem Thema: „Was machen wir wenn?“

Der Mann hatte Parkinson, seine Frau war bereits vor Jahren verstorben und die Tochter pflegte ihren Vater viele Monate. Die Krankheit hatte sich leider derart verschlechtert, dass sie mit dem Schlimmsten rechneten. Deshalb wollten sie eine Patientenverfügung machen, bevor es zu spät war und ihr Vater sich nicht mehr mitteilen konnte.

So traurig die Situation war, so spaßig wiederum gingen die beiden damit um.

Patriarchisch wurde vom Vater verkündet: „Also da muss auf jeden Fall rein, dass ich nur hübsche Krankenschwestern haben möchte, nicht so ein Trampeltier mit Brille wie die Dings, na wie heißt die denn?“

„Ist doch egal, Vati, wie die heißt. Ich weiß schon, wer das ist. Die nehmen wir nicht, versprochen.“

Er blieb aber hartnäckig …

„Und dann möchte ich noch, dass der Sarg offen bleibt bis zum Schluss. Ich will alle noch mal sehen. Und ich will ein Glöckchen mit in den Sarg, damit ich bimmeln kann, falls ich doch noch nicht tot bin und so ein Idiot von Arzt sich getäuscht hat.“

„Aber Vati, das kommt doch nicht in die Patientenverfügung. Die ist doch dafür gedacht, dass Du aufschreibst, was Du möchtest oder was du nicht möchtest, so lange Du lebst. Und nicht für die Zeit danach.“

„Ach so. Ja, dann lass das mit dem Sarg weg und schreib nur das mit den Schwestern. Aber du weißt schon, dass die früher den Leuten einen Hammer und eine Axt mit in den Sarg gegeben haben, damit die sich selber ausbuddeln können, falls sie noch nicht ganz tot sind?“

Die Tochter blieb ganz entspannt.

„Vati, das ist auch für danach.“

„Stimmt“, gab er ihr recht,  „Stell dir vor, in Graz, da bei den Ösis, bekamen früher die Leichen vorsichtshalber noch ’nen Stich ins Herz, weil die sich nie ganz sicher waren, ob der Quacksalber von Doktor  sich nicht doch getäuscht hat!“

„Also gut Vati, ich schreibe jetzt erst mal das mit den hübschen Schwestern.“

„Ja genau“, unterbrach er eifrig, „nicht die mit der Brille!“

„Ich habe heute leider kein Beatmungsgerät für dich“

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Jeden Tag eine Flut an neuen Informationen bezüglich des Covid 19 Virus. Ständig lese ich die verrücktesten Dinge, unterschiedliche Einschränkungen, Bestimmungen und Verbote. Auch bürokratische Dinge prasseln da auf mich hernieder, ob ich will oder nicht. Den wirklichen Durchblick habe ich da ehrlich gesagt nicht.

Und meine Patientenverfügung?

Was passiert eigentlich mit der Patientenverfügung, wenn ich mit diesem irrsinnigen Virus auf die Intensivstation komme? Wird die dort von den Ärzten berücksichtigt? Wenn ja, dann habe ich definitiv ein Problem. Nachdem ich verfügt habe, keine lebenserhaltende Maßnahme aus dem Arztkästchen zu zaubern, wenn es bei mir soweit kommen sollte, würde das bedeuten, dass ich bei Covid 19 nicht beatmet werde.

Hoppla, so war der Plan nicht gedacht!

Ohne Beatmung schafft man es im schlimmsten Falle nicht, den Virus zu überstehen.

Aber genauso, nämlich ohne lebensverlängerte Maßnahmen, ich habe meine „letzte Behandlung“ aufgeschrieben. Damals, von ein paar Wochen. Als die Welt noch ganz anders war, ohne Corona-Pandemie. Eine Zwickmühle … Was schreibt man denn da nur?

Ludger Bornewasser weiß Bescheid !

Lt. Ludger Bornewasser, Fachanwalt der Münchner Kanzlei „Advocatio“ werden in einer Covid-19 Erkrankung auch Patienten beatmet, die in der Patientenverfügung eine Beatmung abgelehnt haben. Das hat folgenden Grund: Allein aufgrund einer Covid-19-Erkrankung liegen die in der Patientenverfügung vorgegebenen Situationen, in welchen diese gilt nicht vor. Solange die Heilung eines Covid-19-Erkrankten möglich erscheint, wird dieser Patient auch beamtet werden. Die Durchführung der Beatmung erfolgt, wenn eine solche Beatmung zur Leidenslinderung notwendig oder sinnvoll ist.

Eine Patientenverfügung gilt immer nur in den der Verfügung festgelegten Situationen, welche allein durch eine Covid-19 Erkrankung nicht vorliegen. Es bedarf somit keiner Überprüfung der Patientenverfügung aufgrund der aktuellen Situation der Corona-Pandemie.

(Quelle: Münchner Merkur Nr. 83, Interview und Zusammenfassung: A. Eppner, B. Nazarewska)

Das bedeutet; nur wenn ich tatsächlich im sterben liege und für mich nichts mehr getan werden kann, dann werden die Maschinen abgestellt.

Ok, das passt dann wieder.

Ganz so einfach ist das mit der Patientenverfügung leider nicht. Ein Grund mehr, sie mal wieder aus der Schublade zu kramen und auf den neuesten Stand bringen.

Trotz allem hoffe ich, dass meine letzten Wünsche noch ganz lange unbeachtet bleiben. Einer davon macht mir aber heute schon Spaß. Bei meiner Einäscherung möchte ich eine Tüte Mais mit in den Sarg. Das wird ein Spektakel …