Wie bitte? Nonverbale Kommunikation?

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Diese besondere Zeit hat auch eine neue weitere Herausforderung. Die Frage: „Welche Maske trage ich heute?“

Zu meinem eigenen Erstaunen ist mir das neulich tatsächlich passiert. Als ich mich auf den Weg zu meiner Begleitung gemacht habe, überlegte ich ernsthaft, welche Maske ich tragen sollte. Immerhin zählt der erste Eindruck. Und ich wollte überzeugen, zeigen, dass ich eine fähige Hospizhelferin bin. Einerseits wollte ich Vertrauen erwecken, andererseits auch Kompetenz. Aber sollte da der Griff zur medizinischen Fachmaske mit fantasielosem hellblau und weißem Gummiband der richtige sein? Oder doch eher die fröhliche, die selbst genähte, mit den bunten Herzchen? Möchte ich kompetent erscheinen oder eher privat verspielt?

Es gibt immerhin die unterschiedlichsten Arten von Masken, der Art und Weise sie zu tragen.

Und schon bin ich mittendrin im Mainstream.

Mit meinem Äußerem eine Meinung zu beeinflussen und mich ins rechte Licht zu stellen. Hoffte ich zumindest. Tja, auch wenn das Gesicht fast ganz bedeckt ist, hat man doch etwas zu sagen, möchte sich ausdrücken. Gerade in der Begleitung eines Schwerstkranken versuche ich alles so gut wie möglich zu machen.

Wenn ich die andere Menschen beobachte, dann denke ich schon, dass sich vieles an der Art und Weise wie eine Maske getragen ablesen lässt. In meiner Ausbildung zur Hospizhelferin habe ich nonverbale Kommunikation erlernt. Sehr oft kann sich mein Gegenüber nur schwer oder gar nicht mehr mitteilen. Es ist an mir, die kleinsten Hinweise zu erkennen und damit in eine ungewöhnliche Kommunikation zu starten. Ich wurde darauf geschult, auf Körperhaltung zu achten, die kleinsten Bewegungen wahrzunehmen und den winzigsten Wimpernschlag zu registrieren. Es gibt viel zu entdecken, auch wenn wir nur einem ganz kleinen Teil unsere Aufmerksamkeit schenken können.

Ich finde, es ist eine Chance, meine Mitmenschen genauer wahrzunehmen

Gut hinzusehen, beobachten und mich auf die wenigen Dinge, die ich zu sehen bekomme, zu konzentrieren.

Viele möchten anders sein, individuell und unterschiedlich.

Doch zeigt der Mund-Nasen-Schutz , dass wir alle gleich sind. Trotzdem möchten wir das nicht, und haben unsere eigenen Regeln wie wir unser Gesicht bedecken.

Ob wir uns nun für die geblümten, mit Straß verzierten oder medizinisch korrekten Masken entscheiden. Sie zeigen doch sehr viel, obwohl man nichts sieht.

Schauen Sie genauer hin…

… und schon sind Sie mittendrin, in der nonverbalen Kommunikation. Das kann sehr spannend sein.

Die Suche nach der richtigen Maske hat mich auf die unterschiedlichsten Gedanken kommen lassen und ein wenig war ich bei meinem ersten Besuch unsicher. Entschieden hatte mich zu guter Letzt für die Geblümte. Vermutlich hatte die Dame bei ihrem letzten Klinikaufenthalt mehr als genug medizinisch vermummte Gesichter gesehen.

Als wir uns begrüßten, rief sie mir schon von Weitem zu: „Was für eine hübsche Maske, aber die können sie ruhig abnehmen, ich sterbe ja sowieso die nächsten Tage!“

Das war definitiv keine nonverbale Kommunikation. Das war eine ganz klare Ansage. Und leider behielt sie recht …

Ist das ein Gespräch, oder kann das weg?

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„Wie geht‘s dir?“ Eine alltägliche Frage. Wir stellen sie mehrmals am Tag, ohne uns die Zeit zu nehmen, die Antwort abzuwarten. Es ist zu einer Floskel geworden. Ohne Anspruch auf Erfüllung. Wehe es antwortet jemand nicht mit „Gut“ oder „Passt schon.“Dann erliegt man einem ungewolltem Gespräch oder spricht eine willkommene Einladung an den Hypochonder aus.

Auch ich ertappe mich dabei, die Floskel „ Alles Ok?“ zu benutzen. Einfach mal nachzufragen, banal, ohne eine ehrliche Antwort zu erwarten. Meist hat es keine Auswirkung auf mein Gemüt und der Gefragte fühlt sich nicht wirklich angesprochen. Unverbindliche Höflichkeitsfloskel. Gut für beide.

So eine oberflächliche Nachfrage kann aber in der Begegnung mit Schwerstkranken ziemlich nach hinten losgehen.

„Wie soll es mir schon gehen? Ich bekomme gerade meine vierte Chemo.“ Das entgegnete mir damals meine Mutter, als ich mit der Floskel “Wie gehts dir?“ ins Zimmer stürmte. Da wurde mir schlagartig klar, dass ich der prekären Situation, mit meiner unsensiblen Frage, noch ordentlich Futter gab.

Das ist jetzt schon einige Jahre her, aber noch immer mache ich mir Gedanken, womit ich das Gespräch beginnen soll, wenn ich in das Zimmer eines Kranken gehe.

Wie spreche ich mit jemanden der, wie ein Häufchen Elend im Bett liegt? Womöglich sich wenig oder unverständlich mitteilt. Was sage ich denn, wenn mich die Augen eines geliebten Menschen verloren ansehen, in der Hoffnung, ich hätte eine Lösung? Wie reagiere ich denn, wenn jemand vor mir liegt, den ich kaum wiedererkenne weil die Krankheit an seinem Körper bis zur Unkenntlichkeit an ihm gezehrt hat. Oder noch schlimmer, wenn der Tod greifbar nah ist, es alle wissen und spüren? Was sagt man denn da?

Es erfordert etwas Mut…aber es ist leicht zu schaffen.

Eine enorme Herausforderung, das Richtige zu sagen, sich richtig zu verhalten den perfekten Wortlaut zu treffen. Das ist oft der Grund, warum viele sich nicht in das Krankenhaus, auf die Palliativstation oder in das Hospiz trauen. Die Scheu vor der Kommunikation mit Sterbenden ist groß und die Angst, etwas falsches zu sagen, oder gar sprachlos zu sein hält davon ab, sich überhaupt in diese Lage zu bringen.

Oft höre ich: „Petra, was sagst du denn, wenn du zu deinen Begleitungen gehst? Gibt es da ’ne Regel?“ Nein, gibt es nicht. Es ist immer eine besondere Situation und auf manches kann ich mich vorbereiten, aber auf vieles nicht.

Mein Tipp für solche Fragen?

Authentisch sein. Ehrlich antworten. Wer am Herrgotts Türchen steht, hat keine Zeit und Lust mehr auf blödsinnige Floskeln oder umständliche Worte. Da ist Geradlinigkeit gefragt. Das ist nicht einfach, ich weiß, aber nach meinen Erfahrungen ist es der richtige Weg. Solang ich aufrichtig bei meinen Begleitungen bin, ehrlich antworte, und mich nicht verstelle, habe ich direkten Kontakt. Da sollte ich nichts mehr über die Langzeitwirkung von Globoli erzählen, sondern den „Istzustand“ annehmen. Zuhören, miteinander schweigen oder auch miteinander weinen.

Und wenn schon die Frage „ Wie geht‘s dir? „im Raum steht, weil man sie wieder viel zu schnell und unüberlegt ausgesprochen hat, dann würde ich noch ein kleines Wort anhängen. … „Wie geht‘s dir HEUTE?“ „Wie fühlst du dich JETZT?“

Und schon ist es keine Floskel mehr. Ich bin direkt bei der Person. Frage ehrlich und zeige aufrichtiges Interesse. Dann befinde ich mich gemeinsam, mit meinem Gegenüber, im Hier und im Jetzt. Das HEUTE und das JETZT zählt, denn viel mehr Zeit haben meine Begegnungen meist nicht mehr.