Wer nicht lesen will muss hören.

Lesezeit 2 Minuten

Hoppla, heißt es nicht: „Wer nicht hören will, muss fühlen.“ ? Nicht in meinem Fall. Denn endlich ist mein Hörbuch erhältlich. Ich habe es bereits vor einiger Zeit in einem professionellen Tonstudio eingesprochen und jetzt ist es für alle zu haben. Mit viel Freude und Herzblut habe ich die Geschichten aus SterbeMund auf das Band gebracht und ich bin sicher, dass damit alle die nicht so gerne lesen oder denen es schwerfällt, genauso gut unterhalten werden wie meine treue Leserschaft.

Das Hörbuch können Sie hier auf meiner Seite erwerben. Auf „Buch kaufen“ klicken und schon gehts los.

Aber natürlich habe ich für meine treuen LeserInnen wieder einen kleinen Ausschnitt aus meinem neuen Buch „Lizenz zum Händchenhalten“ vorbereitet. Also wenn Sie lieber lesen als hören, dann bitte gerne …

Ein Hör im Gerät

Oma Brenz, eine eigenwillige Seniorin, verteidigte eisern und mit strenger Hand ihr kleines Reich. Nur privilegierte und handverlesenen Gäste durften in ihr Zimmer. Geflissentlich und sorgfältig auswählend erteilte sie Sondergenehmigungen. Da gab es den Doktor. Der durfte nur nach Absprache rein. Dann die Pflegekräfte, ebenfalls nur nach pedantischer Terminplanung. Und natürlich ich, die vom Hopiz. Ebenfalls kategorisch abgelehnt wurde alles, was mit der Kirche zu tun hatte oder den Beinamen christlich trug.

„Wenn im Himmel alles so toll ist, warum will dann keiner hin?“

Oma Brenz hatte ihre eigenen und genauen Vorstellungen. Die Zeugen Jehova klingelten schon lange nicht mehr an ihrer Tür, von den Sternsingern ganz zu schweigen.

Wir Auserlesenen hatten uns an die akribischen Terminierungen gewöhnt und umso mehr überraschte es mich, als ich eine besondere Neuigkeit erfuhr. Bei einer meiner gestatteten Audienzen erzählte sie mir aufgeregt, dass ein neuer Gast seine Aufwartung machen durfte. Eine Ausnahmegenehmigung! Wie spannend. Wer das wohl sein mochte?

„Frau Mey, ich habe jetzt ein Hör im Gerät und kann viel besser hören. Sagen Sie mal was.“

Aha, der Besucher mit dem Sonderrecht war der Hörgeräteakustiker. Sehr gut. Denn unsere Verständigung war in letzter Zeit doch schon mehr zum Lippenlesen übergegangen. Ihr Gehör verschlechterte sich von Woche zu Woche und der Lautstärke-Pegel unserer Unterhaltungen wurde merklich höher. Dafür konnte sie natürlich nichts, aber unsere Gespräche waren mittlerweile echt der Knaller geworden.

„Ich dachte mir, jetzt lass ich mir mal ein Hörgerät machen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Man verschiebt so viel auf später. Wenn ich recht bedenke, dann muss später ja echt toll werden.“ Dabei lachte sie laut und erzählte weiter: „Also diese Technik heutzutage!“

Ihre Begeisterung war offenkundig und erneut plapperte sie darauf los: „So wunderbar! Das Gerät ist so klein. Schauen Sie mal, da hinter dem Ohr, der kleine Kasten. Da sieht man gar nichts.“ Freudestrahlend erklärte sie mir ihr neues Fachwissen: „Wissen Sie, der Hör-Mensch hatte viele verschiedene Geräte dabei, aber dass hier“, dabei tippte sie sich ans Ohr, „war das Schönste. Es war nicht ganz billig, aber wenn ich da jetzt besser hören kann. Da darf ich schon mal Geld ausgeben.“

Ich war erstaunt, wie klein das Hörgerät war.

Aus der Ferne sah ich das tatsächlich nichts. Toll, wie großartig die Technik in der Hörgeräteakustik heutzutage ist.

„Das ist wirklich wunderbar. Man sieht wirklich nichts, dann stört es wohl auch nicht so sehr am Ohr, oder?“ Ich wurde neugierig: „Wie teuer war es denn?“

„Wie bitte?“

Ich sprach lauter: „Wie hoch ist denn der Preis?“

„Nee, ich mag keinen Reis.“

„Nein, ich wollte wissen, was es gekostet hat“

„Ach so.  Jetzt habe ich sie verstanden. Gleich halb Zwölf. Gibt’s denn schon Mittagessen?“

Und dann sah ich es … direkt neben ihr. Auf dem Nachtkästchen neben dem Bett. Eine durchsichtige Plastikbox. Mit einem nagelneuen Hörgerät.

Ein Hör im Gerät, oder so ähnlich …

Lesezeit: 2 Minuten

Es ist mir lästig. Nein, eigentlich nicht nur lästig, sondern es nervt! Aber es muss sein, für mich, für die anderen und vor allem für meine Hospizbegleitungen. Das Tragen der FFP. Mit ihrem schicken sterilen Outfit und den trendy Bändchen, die mir die Ohren nach vorne stülpen, als hätte ich nicht schon genug damit zu tun, meine beschlagenen Brille freizukratzen.

Was mich aber am meisten stört, ist die schwierige Kommunikation. Im normalem Umgang fällt es mir nicht ganz so auf, irgendwie habe ich mich schon tatsächlich daran gewöhnt, aber bei meinen Besuchen bei Frau Huber ist es echt eine Herausforderung.

Schlecht hören tut sie gut, nur gut sprechen tut sie schlecht.

Frau Huber hört nicht nur schlecht, sondern nuschelt auch ein wenig. Für beides kann sie natürlich nichts, aber unsere Unterhaltung ist mittlerweile echt der Knaller. Meist rate ich mehr, was sie sagt, denn von den Lippen ablesen geht ja schlecht. Da ist ja wieder die Maske im Weg. Doch genug gejammert, denn gestern hatte ich neue Hoffnung geschöpft.

Es gibt für (fast) alles eine Lösung …

Jetzt hat sie Gott sei dank ein Hörgerät bekommen. Sie war sichtlich stolz auf ihre neue Errungenschaft und gleich beim ersten Ankommen erzählte sie mir davon.

„Frau Frey, ich habe jetzt ein Hör im Gerät und kann viel besser hören, was ich sage. Und auch was sie sagen. Also diese Technik heutzutage! So wunderbar. Das Gerät ist ganz klein und schauen sie mal da hinter dem Ohr, der kleine Kasten.“

Um die AHA-Regeln nicht zu missachten, schaute ich aus der Ferne hinter ihr Ohr und sah erst mal … gar nichts.

Oder war es wirklich so klein?

Keine Ahnung, aber Frau Huber freute sich und erzählte mir von ihrem Besuch beim Hörgeräteakustiker in einer sehr langen und ausführlichen Beschreibung. Ehrlich gesagt, verstand ich nur die Hälfte von dem, was sie mir erzählte, aber sie hatte so einen Spaß, dass es eine Freude war, ihr zuzusehen beziehungsweise zu hören.

„Wissen Sie, als ich da in den Geschäft drin war, habe ich das beste Gerät bekommen, das noch zu haben war. Es war zwar nicht billig, aber wenn ich da besser hören kann. Das ist doch was, oder? Da kann man schon mal etwas mehr Geld ausgeben.“

„Ja natürlich, das ist echt toll. Ich freue mich für sie. Was hat es denn gekostet?“

„Wie bitte?“

„Wie viel mussten sie denn bezahlen?“

„Ach so, jetzt habe ich sie verstanden. Gleich halb Zwölf.“

Und dann sah ich auf Ihrem kleinem Tischen neben dem Bett eine durchsichtige Box. Mit einem nagelneuem Hörgerät …