Auch wer gesund stirbt, ist trotzdem tot.

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Wer gerne mit mir lachte, war Herr Fritz, 85 Jahre. Ich betreute ihn ambulant, besuchte ihn regelmäßig in seiner kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung. Sein ganzer Stolz waren seine Kinder und Enkelkinder. Überall hingen Familienfotos und selbstgemalte Bildchen als Zeugen eines intakten Lebens.

„Ich verlasse diese Wohnung nur liegend und mit den Füßen voraus.“

Das war sein Lieblingsspruch. Was heißen sollte, dass er sein Zuhause nur dann verlassen hätte, wenn er gestorben wäre. Er hatte Lungenkrebs und sollte eine Chemotherapie bekommen, die er strikt verweigerte. Auch davon, dass er das Rauchen aufgeben sollte, hielt er nichts. Auf meine kleine, freundliche Stichelei: „Und was macht die Raucherei?“, blinzelte er mich mit funkelnden Augen an und konterte mit dem Spruch: “Stellen Sie sich vor, ich habe doch tatsächlich heute in der Zeitung gelesen, dass auch Nichtraucher sterben. Der Helmut Schmid, der Ex-Kanzler, ist der berühmteste Kettenraucher, den ich kenne und der ist 96 Jahre alt geworden. Der hat auch nicht auf seine Ärzte gehört und das war gut so. Sonst wär der schon viel früher in die Kiste gesprungen. Ne, da fang ich doch jetzt nicht mit dem Aufhören an.“

Insgeheim wussten er und ich, dass zu diesem Zeitpunkt der Erkrankung ein Verzicht auf die geliebten Glimmstängel nichts mehr wesentlich verbessert hätte.

Und so blieb er der unverbesserliche aber zufriedene Kettenraucher. In seinem Nachttisch sammelten sich Verdampfer und Akkus für die E-Zigarette, mit den dazugehörigen Aromen in den verschiedensten Geschmacksrichtungen. „Ich habe schon so viel über die bösen Auswirkungen von Rauchen, Trinken und ungesundem Essen gelesen. Jetzt habe ich aufgehört das zu lesen! Auch wenn man gesund stirbt, ist man trotzdem tot!“ Gegen so eine  Logik kam ich definitiv nicht an.

 Charmant blieb er immer und scherzte gerne. Auf meine Nachfrage, ob ich seine hoffnungslos verdorrte Zimmerpflanze entsorgen soll, antwortete er mir schlagfertig: „Die ist nicht vertrocknet. Die wächst knusprig!“ Das Schicksal der Trockenblume wurde mit einem Augenzwinkern besiegelt und ich durfte sie der Mülltonne übergeben.

Mit seiner Schwiegermutter wollte er auf keinen Fall etwas zu tun haben.

„Ich möchte auf keinen Fall in das Grab meiner Schwiegermutter. Diese Frau hat mich einfach nie leiden können. Die hat ständig gegen mich gewettert. Ach, was hatte ich Ärger mit dieser ollen Schachtel. Und sie war unglaublich fett. Mein Gott war die fett!“ Er grinste: „Aber jetzt hat sie ihr Idealgewicht.“ „Ähm, wie, ich verstehe nicht?“, fragte ich ihn. „3,20 kg inklusive Urne“, und darauf lachte er so schallend, dass ich nicht anders konnte als mitzulachen.

Friedhof? Von wegen unbeobachtet…

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Wenn Sie denken, am Friedhof haben Sie Ihre Ruhe, dann haben Sie leider falsch gedacht. Das Internet mischt auch dort schon ordentlich mit, und das moderne digitale Zeitalter findet hier seinen Platz. Alles muss schneller, unkomplizierter sein, da macht auch die letzte Ruhestätte keine Ausnahme.

Mit einem Klick zum Grab.

In Wien bieten Friedhöfe bereits einen Onlineshop für Grabstätten an. Am Eingangstor kann der Besucher sich ein E-Bike ausleihen und vermehrt sind dort auch künftig Cafes geplant .

Onlinemeeting in der Aussegnungshalle?

In Österreich kann man außerdem einer Trauerfeier via Internet beiwohnen, für den Fall, dass entfernt wohnende Verwandte an der Zeremonie nicht teilnehmen können. Ein Leichnam muss spätestens nach 96 Stunden bestattet werden. Folglich könnte es für die Hinterbliebenen, die in anderen Ländern wohnen, schon mal schwierig werden, die Aussegnungshalle zu besuchen. Aber die Webcam macht‘s möglich. Mit Hilfe der modernen Technik kann der Enkel in Australien live die Trauerrede des Pastors und die gesamte Zeremonie miterleben. Ja, wir leben in einem vernetzten Zeitalter und da ist es legitim, denen, die nicht vor Ort sein können, ein Bild vom Grab der geliebten Oma zu schicken.

Keiner muss mehr lange nach dem Grab suchen.

Mittlerweile gibt es tatsächlich schon flächendeckendes WLAN und die Suche nach dem Grab per GPS. Videodrohnen erlauben selbst weit entfernten Verwandten einen regelmäßigen Blick auf das Grab.

So recht weiß ich nicht, was ich davon halten soll, wenn ich mir vorstelle, dass ich bei meinem nächstem Friedhofsbesuch von Drohnen begleitet werde und eventuell mein Neffe in Frankreich beobachten kann, ob ich modisch up to date bin. Meistens schleppe ich Blumen und Erde an das Grab, hacke verschwitzt Unkraut und trabe mit hochrotem Kopf fünfmal zum Friedhofsbrunnen, um die Gießkanne aufzufüllen. Kein schöner Anblick. Aber da muss der Neffe durch, wenn er sich online einloggt.

Big Brother is watching you…