Sie ist Mitte achtzig und lebt alleine. Sie hat sich daran gewöhnt und kommt damit zurecht. „Ach, dass Einzige, was mich immer mehr stört, ist, dass mir die Dinge ständig aus der Hand fallen. Und das doofe daran ist, die bleiben da auch noch liegen. Mich danach zu bücken ist mir zu anstrengend. Neulich habe ich den Pudding verschüttet. Dann habe ich die Nachbarin angerufen. Die kam mit ihrem Dackel und der hat sich dann über die Sauerei gefreut. Passt doch oder?“
Die Fröhlichkeit ist gespielt, nicht wirklich echt.
Sie macht Witze, aber ich merke immer mehr, dass es für Sie zunehmend beschwerlicher wird. Manchmal hat sie einen melancholischen Blick und ich kann ihre Traurigkeit direkt spüren.
Es tut mir leid für sie. Ich würde ihr so gerne etwas von ihrer Jugendlichkeit zurückgeben. Aber das geht natürlich nicht. Früher war sie ständig unterwegs. Wanderte viele Stunden, ging oft auf Reisen und es gab keinen Tag, wo sie nicht in der Natur unterwegs war.
Sie hat weder zu üppig gelebt, noch mit ihrer Gesundheit Schindluder getrieben. Eigentlich alles richtig gemacht. Und nun versagen ihr die Beine und das Zittern wird immer schlimmer.
Manchmal macht es mir Angst, das alt werden.
Aber was wäre die Alternative? Jung sterben? Auch kein guter Plan. Das Einzige, was wir tun können, ist, das Leben zu genießen. Jeden Tag aufs Neue. In vollen Zügen und ohne Kompromisse. Denn irgendwann werden die Selbstverständlichkeiten zu Herausforderungen, die normalen Dinge zur außergewöhnlichen Tat.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Frühlingsanfang mit vielen schönen Erlebnissen, von denen Sie später zerren können.
Denn Erinnerungen altern nicht.
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