„Wenn du mehr auf Beerdigung gehst, als auf Partys, dann merkst du, dass du alt wirst,“ so die Quintessenz meiner letzten Begleitung.
Dieses Jahr war ich schon auf vier Bestattungen und das Jahr ist noch nicht vorbei. Ach herrje, bin ich denn jetzt alt? Für eine Zwanzigjährige sicher steinalt, für eine Neunzigjährige habe ich das ganze Leben vor mir.
Alles relativ…
Bei einer meiner Begleitungen wurde ich nach meinem Geburtstag gefragt, damals war ich fünfundfünfzig. Das beste Alter für die Midlifecrisis.
„Frau Frey wie alt sind sie denn?“ „Ich bin jetzt fünfundfünfzig.“ „Ach, ich wünschte ich wäre nochmal so jung.“
Wie ich schon sagte: „Alles relativ“
In der Mitte meines Lebens kam auch der Punkt, an dem jungen Menschen mich siezten oder mir höflich der Sitzplatz in der Bahn angeboten wurde. In dem Fall lehne ich dankend ab, um zu demonstrieren, dass es bei mir noch nicht so weit ist. Es ist schon so eine Sache mit dem älter werden. Teilweise entspannt es mich, nicht mehr alles machen zu müssen, anderseits spornt es mich an, meiner Berufung weiter nachzugehen.
Die Hospizarbeit liegt mir am Herzen.
Im Laufe der letzten 15 Jahre haben sich viele Geschichten und besondere Begegnungen ereignet, so dass es mir ein Bedürfnis ist, darüber zu reden, zu erzählen wie die Menschen waren, die wertvollen Lebensweisheiten weiterzugeben.
Viele Erlebnisse machen Mut, zeigen, dass es nach einer schlimmen Diagnose weitergehen kann. Tapfere Menschen, die es verdient haben, dass ich ihre Biografie erzähle.
Deswegen gehe ich wieder auf Lesetour.
Die Planungen für 2025 laufen auf Hochtouren. Zugegeben, es ist etwas mühselig, anstrengend und manchmal nervig, wenn ich die vielen Hospizvereine anrufe und meine Lesung anbiete, aber die Mühe ist es wert. Wenn ich an den Veranstaltungen von meiner Hospizarbeit erzähle, werden die Geschichten der eindrucksvollen Menschen, die ich begleitet habe nochmals lebendig. Humorvolle Momente, skurrile Geschichten und wertvolle Lebensweisheiten. Und nur darum geht es.
Tot sind wir erst, wenn von uns nicht mehr gesprochen wird.
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