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„Wie geht‘s dir?“ Eine alltägliche Frage. Wir stellen sie mehrmals am Tag, ohne uns die Zeit zu nehmen, die Antwort abzuwarten. Es ist zu einer Floskel geworden. Ohne Anspruch auf Erfüllung. Wehe es antwortet jemand nicht mit „Gut“ oder „Passt schon.“Dann erliegt man einem ungewolltem Gespräch oder spricht eine willkommene Einladung an den Hypochonder aus.
Auch ich ertappe mich dabei, die Floskel „ Alles Ok?“ zu benutzen. Einfach mal nachzufragen, banal, ohne eine ehrliche Antwort zu erwarten. Meist hat es keine Auswirkung auf mein Gemüt und der Gefragte fühlt sich nicht wirklich angesprochen. Unverbindliche Höflichkeitsfloskel. Gut für beide.
So eine oberflächliche Nachfrage kann aber in der Begegnung mit Schwerstkranken ziemlich nach hinten losgehen.
„Wie soll es mir schon gehen? Ich bekomme gerade meine vierte Chemo.“ Das entgegnete mir damals meine Mutter, als ich mit der Floskel “Wie gehts dir?“ ins Zimmer stürmte. Da wurde mir schlagartig klar, dass ich der prekären Situation, mit meiner unsensiblen Frage, noch ordentlich Futter gab.
Das ist jetzt schon einige Jahre her, aber noch immer mache ich mir Gedanken, womit ich das Gespräch beginnen soll, wenn ich in das Zimmer eines Kranken gehe.
Wie spreche ich mit jemanden der, wie ein Häufchen Elend im Bett liegt? Womöglich sich wenig oder unverständlich mitteilt. Was sage ich denn, wenn mich die Augen eines geliebten Menschen verloren ansehen, in der Hoffnung, ich hätte eine Lösung? Wie reagiere ich denn, wenn jemand vor mir liegt, den ich kaum wiedererkenne weil die Krankheit an seinem Körper bis zur Unkenntlichkeit an ihm gezehrt hat. Oder noch schlimmer, wenn der Tod greifbar nah ist, es alle wissen und spüren? Was sagt man denn da?
Es erfordert etwas Mut…aber es ist leicht zu schaffen.
Eine enorme Herausforderung, das Richtige zu sagen, sich richtig zu verhalten den perfekten Wortlaut zu treffen. Das ist oft der Grund, warum viele sich nicht in das Krankenhaus, auf die Palliativstation oder in das Hospiz trauen. Die Scheu vor der Kommunikation mit Sterbenden ist groß und die Angst, etwas falsches zu sagen, oder gar sprachlos zu sein hält davon ab, sich überhaupt in diese Lage zu bringen.
Oft höre ich: „Petra, was sagst du denn, wenn du zu deinen Begleitungen gehst? Gibt es da ’ne Regel?“ Nein, gibt es nicht. Es ist immer eine besondere Situation und auf manches kann ich mich vorbereiten, aber auf vieles nicht.
Mein Tipp für solche Fragen?
Authentisch sein. Ehrlich antworten. Wer am Herrgotts Türchen steht, hat keine Zeit und Lust mehr auf blödsinnige Floskeln oder umständliche Worte. Da ist Geradlinigkeit gefragt. Das ist nicht einfach, ich weiß, aber nach meinen Erfahrungen ist es der richtige Weg. Solang ich aufrichtig bei meinen Begleitungen bin, ehrlich antworte, und mich nicht verstelle, habe ich direkten Kontakt. Da sollte ich nichts mehr über die Langzeitwirkung von Globoli erzählen, sondern den „Istzustand“ annehmen. Zuhören, miteinander schweigen oder auch miteinander weinen.
Und wenn schon die Frage „ Wie geht‘s dir? „im Raum steht, weil man sie wieder viel zu schnell und unüberlegt ausgesprochen hat, dann würde ich noch ein kleines Wort anhängen. … „Wie geht‘s dir HEUTE?“ „Wie fühlst du dich JETZT?“
Und schon ist es keine Floskel mehr. Ich bin direkt bei der Person. Frage ehrlich und zeige aufrichtiges Interesse. Dann befinde ich mich gemeinsam, mit meinem Gegenüber, im Hier und im Jetzt. Das HEUTE und das JETZT zählt, denn viel mehr Zeit haben meine Begegnungen meist nicht mehr.
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